Genügend Sitzfleisch sollte man mitbringen, will man in der Kommunalpolitik bestehen. Mehr als sechs Stunden dauerte die Gemeinderatssitzung diese Woche. Fast alle Fraktionen setzten in ihren Haushaltsreden einen Schwerpunkt auf das Thema Wohnraumversorgung. Ohne Zweifel handelt es sich dabei auch aus unserer Sicht um ein eklatantes Problem, welchem umgehend und entschieden entgegengetreten werden muss. Überaus ärgerlich fanden wir hingegen, dass im Zuge dieser „atemlosen“ Sitzung zusätzliche Punkte auf der Tagesordnung gelandet sind, von denen zumindest einer nicht ohne Diskussion hätte bleiben dürfen.

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Im Oktober wurde der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) vom neugewählten Gemeinderat wieder abgeschafft, bevor es zu einer Umsetzung kam. Junges Freiburg hat diese Abschaffung zielstrebig vorangetrieben, zumal wir im damaligen Kommunalwahlkampf die einzigen waren, die dieses Thema offensiv in den Wahlkampf eingebracht haben.

Die Abschaffung des KODs war ohne Zweifel ein Erfolg für Junges Freiburg, sowie für alle, die gerne an einem lauen Sommerabend auch in Zukunft ungestört auf dem Augustinerplatz den Tag ausklingen lassen wollen. Was in der Berichterstattung jedoch auf weniger Resonanz stieß, war der Umstand, dass das Konzept KOD mehr umfasste, als die ungeliebten Nachtwächter auf dem Augustinerplatz. Der Nachtbetrieb der VAG am Wochenende, sowie u.a. Kneipenlärmmessungen als Teil eines sog.  „Gaststättenkonzeptes“, sollten ebenfalls zur Lärmminderung beitragen. Beide Bausteine des KODs wurden in der damaligen Abstimmung nicht zurückgenommen. Ersterer Baustein, der rund um die Uhr Betrieb der Straßenbahnen am Wochenende, halten wir von Junges Freiburg auch für absolut sinnvoll, ja sogar für ausbaufähig. Hingegen sehen wir das sog. „Gaststättenkonzept“ äußerst kritisch. Wir sind der Meinung, dass eine Kneipenlärmpolizei mit Vollzugsvollmachten einem „KOD light“ gefährlich nahe kommt. Sein möglicher Ausbau ermöglicht die Schaffung des damals mehrheitlich abgelehten KODs durch die Hintertür.

Angesichts dieses nicht unwesentlichen Eingriffs in das Nachtleben unserer Stadt sind wir der Meinung, dass das sog. „Gaststättenkonzept“ weiterer Diskussionen bedarf. Dass seine Konzeption im Schatten einer Marathonsitzung, wie jener am vergangenen Dienstag, beiläufig von sitzungsmüden Gesichtern abgenickt wurde, untersteicht aus unserer Sicht nur den Unwillen zur kritischen Auseinandersetzung mit diesem unpopulären Thema.

Junges Freiburg ist weiterhin der Meinung, dass es sich bei den Kneipenlärmmessungen um kein geeignetes Instrument zur Bekämpfung der vermeintlichen Lärmproblematik handelt, sondern vielmehr um eine Initiative zur Beschwichtigung derer, die gerne einen umfangreichen KOD gehabt hätten. Die Verlierer sind nun die Nachtschwärmer und Gastronomiebetreiber. Folglich handelt es sich hierbei keinesfalls um ein „Gaststättenkonzept“, sondern vielmehr um ein Antigaststättenkonzept.